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Die Digitalisierung hat Einfluss auf alle Lebensbereiche, so auch auf das Rezeptions- und Analyseverhalten von Geschäftsberichten durch institutionelle Investor*innen. Annika Henschel, Studierende im Masterstudiengang Digital Business Communications an der FH St. Pölten, hat sich mit dieser Fragestellung im Zuge ihrer Masterarbeit beschäftigt. Beim 7. Symposium Financial Communications, das am 9. Juni 2022 in der Wiener Börse stattfand, stellte sie ihre Forschungsergebnisse vor.Von Anna Jäger, Florian Maier und Natascha SchäfferInstitutionelle Investoren als wichtige Zielgruppe

Als Einstieg lieferte Annika Henschel Zahlen, welche die Bedeutung institutioneller Investor*innen für den Kapitalmarkt unterstreichen: Konkret halten institutionelle Investor*innen etwa 62 % der Stimmrechte am DAX30 und 66 % der Stimmrechte am ATX Prime. Genauere Daten zum Informationsverhalten institutioneller Investor*innen im DACH-Raum gab es aber bisher wenige. Dies ist auf die extreme Heterogenität der Gruppe zurückzuführen, die eine Datenerhebung erschwert und kaum eine Generalisierung der Ergebnisse zulässt. Sie hat sich daher mit folgenden Fragestellungen auseinandergesetzt: Welche Informationen sind für institutionelle Investor*innen relevant? Wie informieren sie sich darüber? Wo liegen Verbesserungspotenziale in der Kommunikation aus Sicht der Institutionen?Die Ergebnisse zeigen, dass institutionelle Investor*innen aufgrund der Anlagestrategie und der Notwendigkeit Renditen zu erzielen sowie der gesellschaftlichen Verantwortung ein vielschichtiges Informationsbedürfnis haben. Neben der strategischen Ausrichtung und der Performance des Unternehmens sind zunehmend auch ESG-Kriterien und Nachhaltigkeit in der Investitionsentscheidung wichtig. Erst danach kommen finanzielle Kennzahlen und Fundamentaldaten.

Trends im Informationsverhalten

Der Geschäftsbericht liefert den institutionellen Investor*innen die Informationen zur Performance, Nachhaltigkeit und Strategie. Hierbei stellte sich im Zuge der Forschung von Annika Henschel heraus, dass das am häufigsten verwendete Format des Geschäftsberichts das PDF ist, gefolgt von der HTML-Version. Die institutionellen Investor*innen analysieren die Berichte meistens manuell und nach qualitativen Merkmalen, um die Sicht der Unternehmen kennenzulernen, wobei fast die Hälfte der Institutionen sich vorstellen kann, in Zukunft KI zur Datenverarbeitung zu verwenden. Zudem zeigte sich im Zuge der Forschung auch die Wichtigkeit von Datenbanken wie Bloomberg oder Reuters für das Informationsverhalten. Für 53,6 % haben Datenprovider als Informationsquelle eine sehr hohe Relevanz. An zweiter Stelle folgen der Geschäfts- und der Nachhaltigkeitsbericht der Unternehmen. Allerdings liefert die Untersuchung die Erkenntnis, dass der Geschäftsbericht im Zeitreihenvergleich seit 2008 als Informationsquelle an Bedeutung verloren hat. So verwenden heute nur ca. 67 % der institutionellen Investor*innen den Geschäftsbericht, um sich über das Unternehmen zu informieren.Auch die Verständlichkeit von Geschäftsberichten hat nach Meinung der institutionellen Investor*innen abgenommen. Potenzial gibt es vor allem im Ausbau der Branchenberichterstattung und der Wachstumschancen. Diese Teile bieten oftmals nicht ausreichend konkrete Informationen für die Investmententscheidungen von institutionellen Investor*innen.Zusätzlich wird von den institutionellen Investor*innen eine Digitalisierung der Kommunikationskanäle in der IR begrüßt. So wünschen sich laut Henschels Befragung rund 76% der institutionellen Investor*innen digitale Konferenzen und Meetings.Geschäftsberichte sind nicht nur für Investor*innen

Die Wiener Reporting-Agentur nexxar, die auf digitale Geschäftsberichte spezialisiert ist, hat zum Thema Geschäftsberichte bereits mehrere Untersuchungen durchgeführt. Sie veröffentlichte im Jahr 2021 eine Studie in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien, die zeigt, wer Geschäftsberichte liest und wofür sich Leser*innen von Geschäftsberichten interessieren. Das Ergebnis der Studie machte deutlich, dass Geschäftsberichte weitaus vielfältigere Leser*innen haben, als oft vermutet wird. Nur rund ein Drittel der Leser*innen sind private und institutionelle Investor*innen. Auch Mitarbeiter*innen, Bewerber*innen und Kund*innen interessieren sich für den Geschäftsbericht. Inhaltlich liegt das Interesse der Leser*innen gemäß der Studie bei Informationen zur wirtschaftlichen Entwicklung, zur Strategie oder zum Thema Nachhaltigkeit. Genauere Infos zur Studie finden Sie hier.

Bildquelle: © PhotoMIX Company

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