Ein Beitrag von Katharina Tauber und Johanna Wittner
Megatrends wie Globalisierung, demografischer Wandel und Gender Shift sowie neue Reporting-Standards steigern die Bedeutung von Diversity Reporting in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Zusätzlich verlangen Investor:innen neben Finanz- und anderen Nachhaltigkeitsdaten vermehrt Auskunft über die Vielfalt in Unternehmen. Ein Blick auf aktuelle Reporting-Standards, Best Practices und in die Zukunft zeigt, welch wichtigen Stellenwert das Diversity Reporting mittlerweile einnimmt.
Mit Vielfalt zum Erfolg
Die Notwendigkeit von Diversity Reporting gründet auf einem Paradigmenwechsel. Heutzutage gilt Vielfalt nicht nur als ethisches Gebot, sondern wurde als Treiber für unternehmerischen Erfolg vielfach bestätigt. Die Studie “Delivering through diversity” von McKinsey & Company konnte eine positive, statistisch signifikante Korrelation zwischen der Diversität in der Führungsebene und der finanziellen Leistung nachweisen. Unternehmen, deren Geschlechtervielfalt auf Führungsebene über 75 % beträgt, haben eine 21-prozentige Wahrscheinlichkeit, bei der EBIT-Marge besser abzuschneiden als ihre Branchenkolleg:innen.
Für Investor:innen fungiert Diversity Reporting als unverzichtbare Informationsquelle, um den wahren Wert eines Unternehmens zu verstehen. Wie PwC in dem Paper “Diversity, Equity & Inclusion” beleuchtet, ist Diversität nicht nur ein Zeichen von sozialer Verantwortung, sondern auch ein Indikator für Innovationskraft, Produktivität, Risikominderung und langfristige Rentabilität. Diese Faktoren bilden eine wesentliche Grundlage für Investor:innen, da sie direkte Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg haben und maßgebend für ihre Investitionsentscheidungen sind.
So wichtig es ist, eine möglichst vielfältige Belegschaft zu haben, so wichtig ist es auch, Diversitätsdaten transparent und ehrlich zu veröffentlichen. Ein kürzlich veröffentlichter Artikel der American Psychological Association zeigt, dass Unternehmen, die ihre Herausforderungen bei der Erhöhung der Vielfalt in ihrer Belegschaft offenlegen, als vertrauenswürdiger und engagierter wahrgenommen werden als Unternehmen, die dazu schweigen.
Von NFRD zu CSRD: aktuelle Regulatorik zum Diversity Reporting
Mit Beschluss der CSRD vom Europäischen Rat im November 2022 wurde die Berichterstattung in puncto Nachhaltigkeit reformiert. Die NFRD als bisher geltende EU-Richtlinie, die in Österreich durch das NaDiVeG in nationales Recht umgesetzt wurde, wurde ersetzt. Anwenderkreis, Umfang sowie Ort der Berichtspflicht und Prüfungspflicht sind in der CSRD neu geregelt, die Berichterstattung wird dadurch umfangreicher und verbindlicher für eine steigende Anzahl an Unternehmen.
Beginnend mit 2025 müssen Unternehmen, die derzeit durch das NaDiVeG berichtspflichtig sind, entsprechend der CSRD und im Einklang mit Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung berichten, ab 2026 werden die berichtspflichtigen Unternehmen entsprechend Artikel 5 CSRD laufend ausgeweitet. Da Unternehmen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette berichten müssen, ist der erweiterte Anwenderkreis, der sich mit Nachhaltigkeits- und Diversity Reporting auseinandersetzen muss, noch viel umfassenderer.
Den Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung geben in der EU die verbindlichen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vor. Sie konkretisieren die CSRD und fordern qualitative und quantitative Daten zu den drei Themen Umwelt, Soziales und Governance (ESG), teilweise unter einer doppelten Wesentlichkeitsperspektive, also sowohl Outside-in als auch Inside-out. Mit ESRS S1 werden Sozialinformationen zu Mitarbeiter:innen und mit ESRS 2 GOV-1 Auskunft zur Diversität im Top-Management gefordert. Außerhalb des EU-Raums beschäftigt sich die Global Reporting Initiative (GRI) auf globaler Ebene mit Reporting-Standards zu Diversität und Chancengleichheit, unter anderem in ihrem Disability Reporting Guide und der GRI 405.
Best Practices: Diversity Reporting von den Besten lernen
Bei der Umsetzung der Reporting-Anforderungen kann neben den ESRS oder der GRI auch ein Blick auf Best Practices im Diversity Reporting hilfreich sein. Eine Studie von Purpose Brand zeigt, dass 2023 bereits 154 der Fortune 500 Unternehmen proaktiv Berichte zu Diversity, Equity und Inclusion (DEI) veröffentlichen ─ Tendenz steigend. Zu den Vorreitern transparenter und ansprechend designter DEI-Reports zählen unter anderem Alphabet, Amazon, Apple, AT&T, Microsoft und Walmart. Dass sich jedoch auch diese Unternehmen noch verbessern können, zeigt die teilweise fehlende Beachtung gewisser marginalisierter Gruppen (wie Menschen mit Behinderungen, Veteran:innen, LGBTQIA+).
Trends und Innovationen im Diversity Reporting
Die Zukunft des Diversity Reportings verspricht eine fortschreitende Entwicklung in Richtung umfassenderer und präziserer Messmethoden. Ein Fokus auf Diversität in Führungspositionen und die Integration von ESG-Kriterien in das Reporting werden an Bedeutung gewinnen.
Im Jahr 2022 verzeichneten die Russell 1000 Unternehmen signifikante Fortschritte in der Offenlegung demografischer Daten zur ethnischen Herkunft ihrer Belegschaft. Eine Analyse von JUST Capital zeigt einen deutlichen Wandel: Im September 2021 hatten über 45 % der Unternehmen keine Daten veröffentlicht. Im September 2022 sank diese Zahl auf nur noch 28 % – mittlerweile 72 % der aufgeführten Unternehmen legen also Diversitätsdaten offen. Der Anstieg der veröffentlichten Daten spiegelt ein verstärktes Bewusstsein für deren Relevanz wider. Zu erwarten ist, dass die Zahl der Diversity Reports in naher Zukunft weiter wachsen wird.
Zudem kann erwartet werden, dass Regulierungsbehörden und Branchenorganisationen verstärkt Standards für einheitliche und vergleichbare Diversity Reports festlegen, um Investor:innen eine bessere Grundlage für ihre Entscheidungen zu bieten. Die zunehmende Integration von künstlicher Intelligenz (KI) und Datenanalyse wird außerdem neue Möglichkeiten eröffnen, um tiefere Einblicke in die Wirkung von Diversität auf die Unternehmensleistung zu gewinnen. KI im Recruiting kann ebenso zu einem hilfreichen Tool werden, um die Diversität im Bewerbungsprozess zu gewährleisten.
Die Zukunft ist divers
Das Diversity Reporting nimmt zunehmend eine zentrale Rolle in Unternehmen ein. Es ist nicht mehr nur eine bloße Compliance-Anforderung, sondern zeigt den wahren Wert eines Unternehmens. Zudem betonen Studien die Vorteile einer vielfältigen Belegschaft – auch aus finanzieller Sicht. Diese Chance sollten Unternehmen nutzen und proaktiv in ihr Diversity Reporting investieren, um dadurch zu einer diversen, inklusiveren und letztlich erfolgreicheren Wirtschaft beizutragen.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Studiums des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Digital Business Communications an der FH St. Pölten, mit den Schwerpunkten Corporate & Sustainability Communications, Investor Relations und Digital Reporting. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die Studiengangsleiterin Monika Kovarova-Simecek.
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