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Matthias Bextermöller (geschäftsführender Gesellschafter bei berichtsmanufaktur) im Gespräch mit Tatjana Aubram (Teaching & Research Assistant des Master-Studiengangs Digital Business Communications):

Sie sind Sprachwissenschaftlicher und haben sich mit Ihrer Agentur auf Unternehmens- und Finanzkommunikation spezialisiert. Wie kam es dazu und was gefällt Ihnen an diesem Gebiet?

Im Rückblick ist mein Weg logisch, aus der Vergangenheit betrachtet eher eine Entwicklungsgeschichte. Denn Unternehmens- und vor allem Finanzkommunikation konnte man in den 80ern/90ern so noch nicht studieren.

Ich habe nach dem Grundstudium der Linguistik auch ein Wirtschaftsstudium aufgenommen. Mein Mitbewohner hat mit seinem Studium meine Neugier geweckt. Und damit sind wir schon an der Schnittstelle, die nach ein paar weiteren Schritten zu meinem heutigen Beruf geführt hat.

An meiner Arbeit gefällt mir besonders, dass ich immer wieder neue Dinge inhaltlich verstehen muss, um sie dann verschiedenen Adressat*innen verständlich und in ihrer Sprache zu vermitteln.

Immer mehr Agenturen spezialisieren sich auf digitales Reporting. Warum wollen Sie dem klassischen Geschäftsbericht auf Papier treu bleiben?

Die Digitalität ist heute ein elementarer Teil unseres Alltags – auch im Reporting, denn es geht gerade hier auch um Geschwindigkeit. Der digitale Kanal ist deshalb auch in unserer Arbeit ein wichtiger Teil.

Trotzdem bleiben wir Menschen Wesen, die in den wichtigen Dingen analog unterwegs sind. Für die wichtigen Gespräche machen wir uns auf zum anderen oder berufen eine Konferenz ein, obwohl wir auch eine Videokonferenz durchführen könnten.

Der kommunikative Wirkungsgrad eines analogen Dokuments liegt 30 % über dem der digitalen Variante. Der Grund ist, dass mehr Sinne angesprochen werden. Für die Vermittlung von zentralen Unternehmensbotschaften ist das ein wichtiger Unterschied. Hinzu kommt: Virtuelles ist mit einem Klick verschwunden. Das Dokument bleibt auf dem Tisch. Indem ich damit arbeite, wird es zu meinem Dokument.

Von Ihnen gestaltete Geschäftsberichte erhalten regelmäßig Auszeichnungen. Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Geschäftsbericht aus?

Nicht die Auszeichnung. Sie ist für das Erstellungsteam eine schöne Motivation und sicher auch eine Bestätigung. Für mich ist ein Geschäftsbericht gut, wenn er das IST plausibel erläutert und den Leser*innen das SOLL WERDEN so vermittelt, dass sie den Weg des Unternehmens überzeugt mitgehen.

Dazu muss ich mich im Vorfeld eingehend mit den Fragen beschäftigen, die die Adressat*innen an das Unternehmen haben. Denn ein guter Geschäftsbericht beantwortet sie.

Und ich muss mich ausführlich mit dem weiteren Weg des Unternehmens auseinandersetzen. Denn ein guter Geschäftsbericht verknüpft diesen Weg mit Argumenten. Das ist einfach, wenn der Geschäftsbericht nur eine Zielgruppe hat. Im Normalfall aber ist der Adressat*innenkreis breit und heterogen.

Inwiefern wirkt sich die Digitalisierung auf die Gestaltung haptischer Geschäftsberichte aus?

Mit der Digitalisierung haben sich unsere Wahrnehmungsgewohnheiten in den vergangenen 10 Jahren deutlich verändert: Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist kürzer geworden. Wir sind es gewohnt, dass man uns sicher durch ein Informationsangebot navigiert. Und wir brauchen stärkere visuelle Anreize, um für Informationen interessiert zu werden.

Darauf stellen wir uns bei der Erstellung von Printpublikationen ein: Die Sätze werden kürzer und verständlicher. Sprechende Zwischenüberschriften ermöglichen, dass wir schnell über lange Passagen hinwegsurfen können. Und es gibt deutlich mehr Storytelling, zum Beispiel über die Einbindung von Magazinstrecken.

Sehr prägnant können wir die Entwicklung bei grafischen Veranschaulichungen erkennen: Wir binden sie nicht nur häufiger ein. Wir nutzen sie auch stärker zur intuitiven Vermittlung komplexer Zusammenhänge. Was wir auch sehen können: Print und Online beziehen sich immer stärker über Querverlinkung aufeinander.

Welche fachliche Anforderungen müssen Nachwuchskräfte erfüllen für einen Einstieg in die Branche Wirtschafts- und Finanzkommunikation?

Ein Studium der Wirtschaft oder der Kommunikation ist eine gute Basis. Aber auch nicht mehr. Wer mit einem Einstieg in die Wirtschafts- und Finanzkommunikation liebäugelt, sollte sich bewusst machen, dass er oder sie breit gefordert sein wird:

Der Umgang mit Zahlen erfordert Präzision. Und der Umgang mit Menschen, ob in der schriftlichen oder mündlichen Kommunikation, braucht Offenheit und die Bereitschaft, die Dinge immer wieder in Frage zu stellen. Der gesunde Menschenverstand ist wichtiger als die im Studium gelernten Modelle.

Wer gut kommunizieren will, muss zudem auf den Punkt kommen (können). Das ist oft unbequem. Deshalb ist auch ein gewisses Selbstbewusstsein wichtig: Denn der Alltag führt einen Kommunikationsprofi zwangsläufig in unterschiedlichste Felder und Hierarchien.

Bildquelle: © Günther Schwering

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