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Martin Ziegenbalg, Head of Investor Relations der DHL Group im Gespräch, mit Monika Hunjadi, Philipp Gallé und Adjin Velic.

Sie sind seit 22 Jahren Head of Investor Relations der DHL Group. Wie würden Sie die Entwicklung der Investor Relations in dieser Zeit beschreiben?

Wie viel Zeit haben Sie? Nein, im Ernst, es hat sich natürlich einiges getan, insbesondere was das strategische Verständnis der IR-Funktion im Unternehmen anbelangt. Ich glaube, dass gilt nicht nur für uns bei der DHL Group, sondern ganz allgemein. Die Digitalisierung hat vor allem in Bezug auf die Kommunikation vieles verändert. Dies wurde durch die Covid-19 Pandemie noch einmal beschleunigt. Seitdem ist es üblich geworden, auch virtuelle Meetings abzuhalten. Die Kernfunktion der IR hat sich aber dennoch nicht verändert. Die Aufgabe von IR ist es, sicherzustellen, dass Anleger oder potenzielle Anleger ihre Investmententscheidungen bestmöglich informiert treffen können. Das ist Kernfunktion der IR nach außen. Die zweite Kernfunktion der IR wirkt nach innen. Es geht darum sicherzustellen, dass das Management und das Unternehmen insgesamt einen klaren Blick darauf haben, wie die Eigentümer und Aktionäre die Position und den Kurs des Unternehmens sehen.

Welche Herausforderungen sieht die DHL Group aktuell in den Investor Relations?

Ich glaube, beim Thema Digitalisierung sind wir, wie viele andere Unternehmen auch, natürlich stark daran interessiert, die Möglichkeiten, die die technologische Entwicklung bietet, bestmöglich zu nutzen. Vor etwa einem Jahr haben wir begonnen auch Social-Media zu nutzen, um die nächste Generation der Anleger zu erreichen, die vielleicht nicht zuerst den Geschäftsbericht lesen, sondern sich auch über diesen in zeitgemäßen Medien informieren. Eine weitere Herausforderung, an der wir gerade arbeiten – ich sehe das eher als Chance – ist das Thema KI. Inwiefern kann diese Technologie uns unterstützen, unsere Aufgaben effizienter und vielleicht sogar besser zu erfüllen?

Apropos Social Media – die DHL Group hat sich dafür entschieden, auf LinkedIn zu gehen und hier einen Investor Relations Account zu erstellen. Warum gerade LinkedIn? Was ist die Strategie dahinter?

Wir haben den LinkedIn Investor Relations Account der DHL Group vor einem Jahr angelegt, dem ging aber ein längerer Denk- und Findungsprozess voraus. Das Nutzen von Social-Media-Kanälen durch die IR ist nicht brandneu. Viele Unternehmen bespielen schon länger Twitter. Ich habe den Mehrwert dort nicht so richtig gesehen. Das Thema gewann für mich an Relevanz, als uns klar wurde, dass die nächste Generation von Akteuren am Kapitalmarkt, also Privatanleger sowie die nächste Generation von Portfolio-Managern und Analysten, sich auf diesen Kanälen bewegen und dort ihre Informationen sammeln. LinkedIn entdeckte ich dann zunächst für mich selbst. Ich war in meiner Generation nicht unbedingt ein Early Adopter, was dieses Thema betrifft, aber ich sah, dass LinkedIn ein sachliches und professionelles Medium ist, frei von Katzen- und Frühstücksbildern. Nach einem Jahr Erfahrung können wir sagen, dass die Inhalte die richtigen Adressaten erreichen, wie Analysten und Portfoliomanager. Aber ich erreiche auch andere Interessierte, die sich mit dem Thema Geldanlage und Aktieninvestitionen befassen.

Welche Vor- und Nachteile von LinkedIn sehen Sie heute – ein Jahr und 4.900 Follower später?

Die inhaltliche Vorbereitung und Aufbereitung sind nicht ganz ohne, denn klar ist, dass man hier keine kursrelevanten Informationen, die nicht schon anderswo veröffentlicht wurden, publiziert. Aber es hat sich gezeigt, dass die IR eine Bindung zu den regelmäßigen Besuchern aufbauen kann, indem man einen Einblick gibt. Wir haben jetzt über 4.900 Follower nach 12 Monaten, was für unsere Verhältnisse gar nicht schlecht ist. Unser IR-Account wird sicherlich noch weiterwachsen. Wir erreichen sowohl externe Adressaten als auch interne. Wir sind ein Konzern mit 600.000 Mitarbeitenden, und viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Konzern nutzen die Gelegenheit, sich über LinkedIn auch über die Arbeit der IR zu informieren.

Sie haben auch angesprochen, dass die DHL Group explizit auch jüngere Anlegergruppen ansprechen möchte.

Ja, das Thema liegt uns sehr am Herzen. Wir sehen auch, dass bei der nachwachsenden Generation das Bewusstsein wächst, sich nicht allein auf die staatlichen Rentenversicherungssysteme zu verlassen. Wir nutzen das, um nicht nur unsere unternehmensspezifischen Inhalte zu kommunizieren, sondern generell die Attraktivität der Aktienanlage herauszustellen.

Verfolgen Sie den Altersschnitt Ihrer Follower auf dem LinkedIn-Account?

Ich habe keine harten statistischen Auswertungen darüber. Aber ich sehe, wer die Followern sind, das ist ein relativ breites Spektrum, darunter auch viele aus der jüngeren Generation, die ihre ersten Jahre in Research oder im Portfoliomanagement verbringen. Aber Social-Media wird nicht nur von der jüngeren Generation genutzt. Von den internen Kollegen, die uns folgen, sind es durchaus auch Ältere.

Ich komme jetzt zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die CSRD beschäftig aktuell viele Unternehmen. Was hat die DHL Group aus dem Umsetzungsprozess des CSRD gelernt, welche Erfahrungen haben Sie daraus gezogen?

Das ist eine hochinteressante Reise. Die aktuellen Reporting-Vorgaben sind nur die jüngste Ausprägung einer Entwicklung, die wir über einige Jahre beobachten. Vor sechs Jahren habe ich meinem Team gesagt, dass das Thema Nachhaltigkeit in unserer IR-Arbeit mehr Beachtung finden wird. Die Entwicklung ist jetzt gut sichtbar und breit anerkannt. Ein Unternehmen handelt im Sinne seiner Wettbewerbsfähigkeit, wenn es nicht nur auf den finanziellen Performance-Feldern gut dasteht, sondern auch eine klare Strategie hat, die vernünftig kommuniziert wird. Die politischen Reporting-Vorgaben haben dem Thema einen weiteren Schub gegeben. Meine Devise war schon immer, auch nicht-finanzielle Kennzahlen so zu behandeln, wie man es mit finanziellen Kennzahlen getan hat. Es ist wichtig, in der IR-Kommunikation klarzumachen, welche Bereiche für das jeweilige Geschäft besonders relevant sind und sich auf diese Kommunikation zu konzentrieren.

Die DHL Group hat eine Nachhaltigkeits-Roadmap. Wo liegen die größten Herausforderungen bei der Erreichung dieser ambitionierten Ziele?

Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie sich unsere Nachhaltigkeitsziele direkt aus dem Geschäftsmodell ableiten lassen. Wir sind seit 2009 mit einer Strategie unterwegs, die drei Bottom Lines verfolgt: Erstens, für unsere Kunden der Dienstleister erster Wahl zu sein, zweitens, für unsere Mitarbeiter ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, und drittens, ein erstklassiges Investment im Sektor zu sein. Der größte Hebel im Bereich CO2 ist unser Betrieb einer internationalen Flugzeugflotte. Wir haben das Ziel, unsere CO2-Emissionen aus der Fliegerei bis 2030 um 30% zu reduzieren. Wir sind weltweit einer der größten Abnehmer von Sustainable Aviation Fuel. Das Thema Mitarbeiterzufriedenheit hat einen hohen Stellenwert, und seit 2009 führen wir jährlich eine Mitarbeiterbefragung durch. Im Bereich Governance haben wir durch unsere internationale Aufstellung und unser Engagement im internationalen Handel besondere Anforderungen.

Gehen wir kurz zur Strategie 2025 der DHL Group ein. Diese baut auf vier Säulen auf – Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und eCommerce. Welche Rolle spiel bei der DHL Group die Digitalisierung?

Wir sind im physischen Warentransport tätig, was mit sehr komplexen Versorgungsketten verbunden ist. Es gibt enorme Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und zur Verbesserung des Angebots für unsere Kunden. Digitalisierung spielt auch in der operativen Performance eine große Rolle, wie zum Beispiel bei der Optimierung von Zustellrouten. Ein weiterer Aspekt ist die Anwendung von KI in unserer Arbeit. Ich bin optimistisch, dass wir irgendwann in der Lage sein könnten, unsere Quartalsberichterstattung vollständig automatisiert durchführen zu können.

Wir hoffen, wir werden nicht durch KI arbeitslos.

Nein, ganz im Gegenteil. Der Wert des persönlichen Face-to-Face-Gesprächs hat sogar zugenommen, insbesondere in der IR-Arbeit, wo es um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses geht. Die physische Interaktion bleibt daher enorm wichtig.

Vielen Dank für die Einblicke und das Gespräch!


Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Studiums des berufsbegleitenden Masterstudiengangs Digital Business Communications an der FH St. Pölten, mit den Schwerpunkten Corporate & Sustainability Communications, Investor Relations und Digital Reporting. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die Studiengangsleiterin Monika Kovarova-Simecek.


Bildquelle: © Andreas Kühlken

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