Digital Business Communications

FinTech: Wenn Finanzwelt und Technologie verschmelzen

Schlagwörter wie XBRL, wikifolio und hybride Hauptversammlung hört man heuzutage immer öfter. Doch was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Ein kurzer Überblick der Tools und Features, welche gerade die heimische Wirtschaft beschäftigen.

Ein Beitrag von Viktoria Scheibböck, Studentin des Master Studiengangs Digital Business Communications (ehemals Wirtschafts- und Finanzkommunikation), zum Panel 7 „Digitale Tools und Features“ bei der CIRA-Jahreskonferenz 2018

Ein Meer aus Daten

Finanz-, Markt-, Kunden-, und traditionelle Daten – wir ertrinken in Daten, meint Werner Weingraber von der RBI als Teilnehmer des Panels 7 auf der CIRA-Jahreskonferenz 2018. Heute stehen uns unzählige Daten zur Verfügung, die nur darauf warten, genutzt zu werden. Jedoch stellt sich hierbei die Frage, ob eine Auswertung und deren Ergebnisse einen Mehrwert stiften. Heute werden personenbezogene Daten wie z.B. was wir wann und wo lesen, viel stärker in den Fokus der Analyse gerückt. Das ist unter anderem deshalb möglich, weil wir über Technologien verfügen, die aus unstrukturierten Texten machinell les- und verarbeitbare Daten generieren können. Natural Language Processing (NLP) beschäftigt sich genau damit, einer Maschine ein gewisses Leseverständnis beizubringen. Aus unstrukturierten Texten soll die künstliche Intelligenz relevante Informationen herausfiltern können. Davon können in Zukunft auch u.a. Analysten profitieren, da sie sich mit wesentlichen Erkenntnissen auseinandersetzen können. Aus diesen können sie schneller ihre Schlüsse ziehen, wodurch auch Investoren profitieren. Auf Basis dieser Informationen können aber auch Kommunikationskanäle und -prozesse effektiver gestaltet werden.

Was ist ein Wikifolio?

wikifolio.com gilt mittlerweile als eine der bedeutendsten Social Trading Plattformen. Hier können professionelle und private Trader ihre Investitionsstrategie(n) in Form eines Musterdepots veröffentlichen und andere Investoren können dieser Investitionsstrategie folgen. Die Zertifikate können an der Stuttgarter Börse gehandelt werden.  Ein wesentlicher Vorteil dieser Plattform besteht darin, dass alle Portfolios, Trades und Kommentare in Echtzeit einsehbar sind. Die Kommentarfunktion ermöglicht einen regen Austausch über einzelne Portfolios und den Gesamtmarkt. Trader und Anleger profitieren gleichermaßen von sehr hoher Transparenz.

Siehe auch den Blogbeitrag von  Erwin Hof (Wiener Börse) “Social Trader – die unbekannten Wesen”

Hauptversammlungen neu denken 

Über Hauptversammlungen (HV) meint Bernhard Orlik (Link Market Service) “Die älteren Generationen sterben weg, und die jungen Menschen haben keine Zeit. HV’s müssen neu gedacht werden. Bei voranschreitender Digitalisierung sind hybride HVs ein erster Schritt.”  Hybride HVs bestehen aus einer Präsenzhauptversammlung und einer Übertragung dieser im Internet. Aktionäre können so ihre Pflichten und Rechte an unterschiedlichen Orten, z.B. im Uralub, im Büro, auf einem anderen Kontinent oder bequem von Zuhause aus wahrnehmen bzw. ausüben. Eine Umfrage von ISS & Equiniti aus dem Jahr 2017 zeigt, dass an diesem Modell sowohl Groß- als auch Kleinaktionäre interessiert sind.

Das österreichische Aktienrecht sieht die Hybrid-HV als ein zulässiges Modell, eine Übertragung via Internet ist rechtlich zulässig. Zu bedenken ist allerdings, dass eine aktive Teilnahme an der HV technisch sichergestellt werden muss, sodass die Verfolgung der HV via Internet nicht einer Einbahn-Kommunikation gleich kommt  – ähnlich wie beim klassischen Fernsehen. Bei guter technischer Unterstützung können Shareholder via Fernabstimmung  von ihrem Teilnahme- und Widerspruchsrecht Gebrauch machen oder Fragen stellen.

Im Jahr 2012 veranstaltet die EQS-Group in Deutschland ihre erste hybride HV. Mit der Einladung bekommen die Aktionäre auch ihre Zugangsdaten. So können sie sich auf der Webseite einloggen an der HV aktiv teilnehmen.

Übertragung der Hauptversammlung 2018 der EQS-Group | Quelle:  https://media.mx1-webcast.com/eqs/hauptversammlung/180518_hv_2018/ondemand.php

Es ist eine Überlegung wert, die nächste Hauptversammlung ‚hybrid‘ abzuhalten. Aufgrund der effizienteren Gestaltung kann das Unternehmen Geld sparen –  was natürlich auch im Interesse aller Stakeholder wäre. Vor Ort kann durch das Scannen des persönlichen Zugangscodes die Registrierung erleichtert werden. Auch die Stimmabgabe mittels Tablets spart Zeit und Papier.

XBRL – keine Angst vor der Digitalisierung

“Man darf sich von der Digitalisierung und ihrer Sprache nicht abschrecken lassen.”, sagt Sabine Prodan (MDD, xbrl.ch). Die Sachen haben sich im Kern nicht geändert, nur die Art und Weise, wie wir sie herstellen und benennen. Ein Foto ist ein Foto, egal ob JPEG oder Film, in der Dunkelkammer entwickelt. So ist auch XBRL nur ein neues Format – nicht mehr und nicht weniger. Im Vergleich zu den bisherigen Formaten besticht XBRL aber vor allem durch zwei Eigenschaften. XBRL macht es möglich, Daten so aufzubereiten, dass sie flexibel weiterverarbeitet werden können. Oftmals müssen die gleichen Daten für unterschiedliche Zielgruppen – sei es für den Aufsichtsrat, die Analysten oder das Finanzamt – aufbereitet werden. XBRL ermöglicht den Austausch maschinell verarbeitete Finanzberichte zwischen den IT-Systemen verschiedener Institutionen ohne Formatbrüche. Unternehmen können mit XBRL sowohl finanzielle auch nicht-finanzielle Informationen abbilden. Regulatoren können zudem ihrer Aufsichtspflicht gewissenhafter nachkommen und Investoren können noch profundere Analysen noch schneller umsetzen. XBRL bringt eine neue Form der Standardisierung und der Vergleichbarkeit mit sich. Das digitale Format wirkt sich auch positiv auf die Transparenz aus und bietet für das interne Controlling viele Vorteile.

Siehe auch unsere Blogbeiträge XBRL in Progress – Rahmenbedingungen der Finanzberichterstattung und ihre Auswirkungen auf die Anwendung von XBRL von Belinda Reisinger und XBRL Diffusion in Österreich von Tassilo Pellegrini.

Dieser Überblick macht deutlich: Es gibt Tools, die die Kommunikation mit einzelnen Zielgruppen zu erleichtern. Jetzt stellt sich nur mehr die Frage, was wir mit diesen Tools machen – sie warten auf jeden Fall darauf, benutzt, erweitert und verbessert zu werden.

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